Im Interview: Boretti

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„Ich hab‘s erfunden“

 

Lieber Boretti, vor fast 25 Jahren haben Sie die Gefühlsbox erfunden und erstmals in Ihrem Manuskript “And so on” veröffentlicht. Angeregt dazu wurden Sie seinerzeit, wie Sie schrieben, durch einen Trick eines ungenannten Zauberfreundes, der in einer Box eine Riesenkarte verwandelte. Wie wurde daraus dann die Gefühlsbox?

Boretti: Bei dem Zauberer, der mir seine Kiste schenkte, handelte es sich um den vor einigen Jahren verstorbenen Karlheinz Spindler aus dem Raum Freiburg. Es war eigentlich nur eine große Kiste mit Loch. Eine Doppelbildkarte wurde in das Loch gesteckt und “verwandelt” heraus gezogen – völlig unbrauchbar und zu simpel für ein Zauberkunststück. Herr Spindler hatte offenbar selbst gemerkt, dass dieser Effekt nicht der größte war und hat die Kiste neben anderen Requisiten an mich abgegeben.

Und dann?

Ich musste fast alle Requisiten entsorgen. Da die Box aber schön aussah, wollte ich sie nicht wegwerfen. Das Loch schrie praktisch danach, es als Eingriffsloch zu benutzen. Dann habe ich mir das Spiel mit den gegensätzlichen Begriffen – wie Schwamm/Stein und Seil/Stacheldraht – ausgedacht. Der Zuschauer sollte sich in seinen “Empfindungen” täuschen.

Und die Tricktechnik?

Die gab es noch nicht. Um eine passende Austauschmöglichkeit zu finden, kam ich dann auf die Idee, eine zweite Ebene unterhalb des Eingriffsloches einzubauen.

Entstanden ist dann eine dreiteilige Routine, die mit einem Kartenfinden endet. Warum dieses Finale?

Zunächst täuscht sich der Zuschauer ja zweimal. Zum Schluss sollte er aber als Star dastehen, indem er die von einem anderen Zuschauer gewählte Karte auf unerklärliche Weise findet. Das war mir sehr wichtig.

Ich liebe diese Art der Zuschauerspiele, sie sind immer noch meine Leidenschaft. So hat ja dann auch mein “Superquiz” seinen Siegeszug angetreten.

Wie hat Ihnen denn der Auftritt von Harry Keaton bei “Penn & Teller: Fool Us” gefallen?

Keaton hat das exzellent und souverän vorgeführt!

Und wie stehen Sie zu seiner Weiterentwicklung der Box?

Er hat seinerzeit meine Box gekauft und sie zwecks Änderung des Loches an Hakan Varol gegeben. Ihre Box ist sicher optisch wie technisch eine Modifizierung. Der Schieber lässt sich komplett herausziehen, und die Trickebene wurde zur Seite verlegt – bei mir ist sie ja oben.

Die nun kursierende Frage “Wer hat’s erfunden?” stellt sich also gar nicht…

Ich hab’s erfunden. Was meine Publikationen „And so on“ von 1995 und mein Buch Vorhang von 2013 dokumentieren.

Insgeheim freut es mich natürlich, dass meine Idee und Kreation und die Entwicklung der zweiten Trickebene nun den höchsten Ritterschlag von Penn Jillette erhalten haben! Er sagte, dass dies die beste Illusion sei, die er je gesehen habe.

Entscheidend waren natürlich nicht die Ausführung oder Konstruktion der Kiste, sondern insbesondere die Grundidee und die Effektfolge. Und die wurde vor vielen Jahren von mir konzipiert, veröffentlicht, und von der Firma Future Magic in Lizenz produziert.

Vielen Dank für das Gespräch, Boretti, und weiterhin alles Gute!

(Interview: Jan Isenbart)


Zum Interview mit Harry Keaton geht es hier und mit Hakan Varol hier.

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Aus meinem Zauberfundus:

Eine frühe Original Boretti Gefühlsbox in leicht geöffnetem Zustand und mit dem Stacheldraht-Ring, den der Zuschauer stets als Seilstück “erfühlt”.

BBox2


Update Mai 2020:

Boretti bietet die Gefühlsbox derzeit auch in weiß und “ohne Schnick-Schnack” an, zu sehen hier. Auch andere Farben sind möglich.


 

4 thoughts on “Im Interview: Boretti

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