In Memoriam: Bruno Hennig – Joro

Er war einer der großen Sprechzauberer Deutschlands, aber keiner der lauten, wenn auch weithin bekannt und durchaus meinungsfreudig: Bruno Hennig alias Joro, der plaudernde Zauberer.

Altmeister Joro 2006 bei einem Zauberkongress

Wahrscheinlich “begegnete” ich ihm zum ersten Mal in Alfred Kellerhofs großem Zauberkatalog unter “Freunde unseres Hauses”. Bald darauf erwarb ich “Joros Kreidekelle” und seine “Punktewanderung”, viel später auch das bizarr-chaotische “Ringdurcheinander” und seine “Grandiose Münzwanderung”, einen der wohl besten auditiven Effekte der Zauberkunst überhaupt (basierend auf einer Idee von Patrick Page). In Kellerhofs Zaubertrichter las ich “Joros hundertprozentige Vorhersage” (ein wirklich einfach-genialer Kartentrick!), später verschlang ich begeistert Das Joro-Buch von Uwe Schenk und Michael Sondermeyer, das der Altmeister mir 2008 dann freundlich signierte.

Ich lernte, dass er internationale Anerkennung für den “Joro Switch” (den Austausch einer gefalteten Spielkarte) und den “Tanzenden Korken” genoss, der durch Fred Kaps weltbekannt gemacht worden war. In Deutschland kam er als erster Zauberer auf die Idee, aus der kleinen Plastik-Fingerguillotine ein bühnentaugliches Modell für den Arm einer Dame aus dem Publikum zu entwickeln. Seine Routine hierzu wurde zu einer der meistkopierten Deutschlands. Und als Humorist und Sprachspieler fiel mir Joro spätestens auf, als ich die Anekdote las, wonach er ebenso erstaunt wie treffend ausrief, als ihm Werry, der notorische Plastik-Trick-Produzent, seine damalige Freundin vorstellte: “Die ist ja gar nicht aus Plastik!”

Eine kleine Sprachspielerei war es dann auch, die mir Jahre später unverhofft Post aus Oldenburg einbrachte: In einer Kongressrezension hatte ich über eine besonders geschmacklose Wettbewerbsdarbietung geschrieben, dass diese bei Joro (in dessen Nähe ich zufällig saß) “topittiefe Zornesfalten” hervorgerufen hatte. Das fand er irgendwie gelungen und gratulierte mir sehr lieb mit dieser selbstgebastelten Urkunde, für die ich mich herzlich bedankte und die ich immer in Ehren halten werde!

Vor ein, zwei Jahren kontaktierte ich Joro dann telefonisch im Rahmen einer Kalanag-Recherche. Da war er schon recht schwerhörig, aber sein Gedächtnis arbeitete auf Hochtouren, als er sehr lebhaft einige Erinnerungen mit mir teilte. Lachend schilderte er etwa, wie Kalanags Stooges einst in Köln im halbleeren Saal ziemlich auffällig umherhuschten, um von verschiedenen Plätzen aus Getränkewünsche für die “Wunder-Bar” in Richtung Bühne zu rufen…

Bis zuletzt hat Joro in der magie regelmäßig Kunststückbeschreibungen veröffentlicht, und sie folgten fast immer demselben Schema: klare, kurze Effekte, sehr knapp beschrieben, mit zumeist einfacher Handhabung bei maximalem Effekt – so knapp, dass man manchmal Gefahr lief, diese Kleinode zu übersehen oder zu überblättern. Ein großer Fehler, denn bei aller Kürze waren beinahe alle mir bekannten Joro-Effekte immer zwei Dinge zugleich: praxisnah und effektvoll, und damit ideal für den durchschnittlichen Zauberadepten.

Am 6. September 2023 hat Joro, Jahrgang 1928, im gesegneten 96. Lebensjahr nun den Zauberstab für immer aus der Hand gelegt, wie wir so schön sagen. Sein Name und seine Routinen werden noch lange an unserem magischen Firmament leuchten, und wie viele andere Zauberfreunde bin auch ich dankbar dafür, wie er mein Zauberleben und unsere schöne Kunst bereichert hat. Ruhe in Frieden, großer Joro, und danke für deine magischen Spielereien!

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Addendum I: Ich habe auch einen kurzen Nachruf im Genii Forum gepostet.

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Addendum II: Wie ich mittlerweile erfahren habe, ist kürzlich leider auch Dieter Daniel – Ravelli verstorben (02.09.1948-03.08.2023). Ich kannte ihn nicht besonders gut, aber wir waren einige Male zu zauberhistorischen Themen im Austausch. Er war stets freundlich und hilfsbereit und von ausgesuchter Höflichkeit – ein Mensch und Zauberer alter Schule im besten Wortsinn, der vor allem die Klassiker schätzte. Immer in guter Erinnerung bleiben wird mir der Marvelli-Abend, den Dieter Daniel 2016 im Ortszirkel Frankfurt gestaltete (siehe unten) und in dem er zahlreiche Routinen von Olof Becher-Marvelli, mit dem er wohl gut befreundet war, souverän und effekvoll vorführte, inklusive der geschliffenen Originaltexte.
Möge auch er in Frieden beim Allergrößten Zauberer ruhen!

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