Die Zauber-Lage am Sonntag

03.10.2021

“Das Supertalent” ist gestern bei RTL in die 15. Staffel gestartet. Zum Auftakt erschienen die Ehrlich Brothers, die wieder in der Jury sitzen, in einem riesigen Handy, dessen Glas sie effektvoll “von innen” zerschmetterten. Aufgetreten sind u.a. Zauberer Yannick und Mentalmagier Marco, die es direkt ins Halbfinale schafften. Eine Übersicht des Geschehens gibt es hier zum Nachlesen. Die ganze Sendung kann bei TVNow abgerufen werden.

<<>>>

Von Joshua Jay ist diese Woche ein neues Zauberbuch für die Öffentlichkeit erschienen: How Magicians Think: Misdirection, Deception, and Why Magic Matters. Er beantwortet darin auf über 300 Seiten zahlreiche Fragen, die ihm immer wieder von Laien gestellt werden, aus seiner Perspektive und schlägt dabei einen breiten Bogen von historischen Anekdoten und Porträts seiner Idole über Denk- und Arbeitsweisen von Zauberkünstlern bis hin zur heutigen Zauber- und Sammlerszene. Tricks und Illusionen werden nur einige wenige verraten, und diese mit Begründung bzw. Erlaubnis.

Einige Kapitel dürften auch für Zauberfreunde sehr interessant sein, etwa wenn Jay von Besuchen bei Juan Tamaríz oder den Privatsammlungen von David Copperfield und Ken Klosterman berichtet (und von letzterem eine interessante Großtäuschung andeutet). Das Buch kostet fest gebunden 20 Euro, die Kindle-Ausgabe gerade mal 12,70 Euro.

<<>>>

Zur Meldung der letzten Woche über die anstehende Versteigerung von Schätzen des verstorbenen Ricky Jay bei Sotheby’s sei ergänzend angemerkt, dass es sich bei den über 600 Loten nur um einen Teil seiner riesigen Sammlung handelt. Weitere Auktionen dürften also in der Zukunft folgen.

<<>>>

Der immer lesenswerte historische Blog “Magic at War” widmet seine beiden jüngsten Beiträge der Zeit von Punx als Kriegsgefangener in Wales und den Erfahrungen britischer Zauberer mit den deutschen V-1- und V-2-Waffen.

<<>>>

Mark Lewis hat ein neues Buch angekündigt. Noch im Oktober soll The Royal Road to Stage Hypnotism erschienen. Zuletzt hatte er für sein Werk The Annotated Royal Road to Card Magic viel Lob erfahren.

<<>>>

Info für Sammler: Bei den letzte Woche erwähnten neuen Tenyo-Veröffentlichungen für 2022 handelt es sich um die folgenden Kunststücke: T-298 Wild Shock / T-299 Phone Appetít / T-300 Blink Bank / T-301 Flash Cube / T-302 Future Photo. Der Enthusiasmus über diese Kreationen hält sich bislang im Tenyo Magic Forum milde gesagt ziemlich in Grenzen.

<<>>>

In Borettis wöchentlichem Newsletter Nr. 901 ist diese Woche ein kleiner Beitrag von mir erschienen. Dieser knüpft an an einen Bericht von Joshua Endreß zwei Wochen vorher (in Nr. 899), der aufgrund einiger Ereignisse bei einem jüngsten Zauberkongress kritische Gedanken über Geschmacks- und Haltungsfragen heutiger Zauberer geäußert hatte. Ich schrieb Boretti dazu:

Die sehr unterschiedlichen genannten Beispiele unterstreichen für mich die ganze denkbare Bandbreite von “Überempfindlichkeit” bis “Das geht ja gar nicht!”. Mindestens drei Dinge scheinen mir dabei wichtig. Erstens ist die Kunst – ebenso wie die Satire – grundsätzlich frei. Kunst muss nichts, darf alles und muss auch alles dürfen. (Dass dabei nicht jede Satire für jedermann lustig ist und nicht jeder selbsternannte “Künstler” automatisch Kunst produziert, versteht sich von selbst.) Eine Zensur findet nicht statt. Insofern gibt es innerhalb der Verfassung und der geltenden Gesetze auch gar keinen Platz und keine Berechtigung für eine allgemeine Geschmackspolizei. Wer wollte auch deren allgemeingültige Kriterien definieren und justiziabel machen?! Auch das früher mal beliebte Argumentieren mit dem “gesunden Volksempfinden” dürfte in so diversen Zeiten wie heute gefährlich und nicht immer mehrheitsfähig sein.

Zweitens kommt es meines Erachtens fast immer auf den konkreten Kontext an. Den Gag mit dem erhobenen Arm könnte ich mir in einer Farce mit dem Titel “Wie mein Opa den Führer mit einem Kartentrick verblüffte” tatsächlich gut vorstellen; als Schenkelklopfer am bierselig deutschtümelnden Stammtisch oder gar als gedankenlos abgespulten Spruch bei einem Fest der jüdischen Gemeinde wird ihn hoffentlich niemals ein Zauberfreund anbringen, der noch alle seine Sinne beieinander hat.

Das bedeutet für mich drittens, dass alle Künstler gut beraten sind, ihr Repertoire (übrigens nicht nur Vortrag und Gags, sondern auch Kleidung, Requisiten und Kunststücke) regelmäßig selbstkritisch zu prüfen und bei Bedarf zu entstauben, sich rechtzeitig Gedanken über den nächsten Auftrittsort und das konkrete Publikum (Kontext!) zu machen und außerdem genau zu registrieren, wie dieses auf bestimmte Teile der Darbietung reagiert. Mehr Sensibilität, wie von Joshua Endreß angeregt, kann auf jeden Fall helfen, manche Gedankenlosigkeit, geschmackliche Entgleisung oder aus der Zeit gefallene Pointe im dunklen Topit der Geschichte verschwinden zu lassen.

Kurioserweise gilt dies m.E. auch für den im letzten Newsletter angebotenen “Kartensteiger Chinamann“,* an dessen Produktion zufällig niemand anders als Joshua Endreß beteiligt war. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieses stereotyp gestaltete Bild heute zumindest in den USA weithin von Zauberern und Publikum gleichermaßen als inakzeptabel bewertet würde – Opfer politischer Überkorrektheit oder auch ein “Das geht ja gar nicht mehr”-Kandidat?! Und inwieweit gilt das auch schon für Deutschland? Auch darüber darf diskutiert werden…

* Der Trick wurde inzwischen erfreulicherweise zumindest umbenannt und heißt nun “Fu-Man-Hut”.

<<>>>

Advertisement

Die Zauber-Lage am Sonntag

26.09.2021

Zu den angekündigten Auktionen der gewaltigen Sammlungen von Ken Klosterman und Ricky Jay gibt es nun nähere Informationen. Bei Potter&Potter ist der Katalog zu Klostermans Kostbarkeiten (Teil 1) jetzt online. Die Anschlagzettel, Bücher und Plakate von Jay hingegen sind alle einzeln bei Sotheby’s gelistet. Unter den mehr als 630 Loten, die einen Millionenbetrag einbringen dürften, befinden sich auch einige Stücke in deutscher Sprache, etwa Programmzettel von Bosco und Hofzinser sowie Houdinis berühmtes Plakat mit der “Ehrenerklärung”. Zur Versteigerung kommen auch fast 40 (!) Werke von und zu Matthias Buchinger, dem “kleinen Mann von Nürnberg”, dem Jay ja auch ein eigenes Buch gewidmet hat.

<<>>>

Man darf es getrost als Sensation bezeichnen, aber zugleich auch als “Ankommen in der Wirklichkeit” begrüßen: Der altehrwürdige Magic Circle in London hat nach internen Querelen einen neuen Präsidenten gewählt – und dieser ist tatsächlich weiblich, 28 Jahre jung und heißt Megan Swann. Auch das Amt des Vizepräsidenten besetzt mit Katherine Rhodes nun eine Frau. Bis 1991 war Frauen noch nicht einmal eine Mitgliedschaft im Magic Circle möglich. Kurios: In der Aufregung nennt die Meldung auf der vereinseigenen Webseite nicht mal ihren Vornamen…

Da ging es doch fast unter, dass kürzlich auch – in digitaler Zeremonie – die jährlichen Magic Circle Awards verliehen wurden.

<<>>>

Die Science of Magic Association (SOMA) lädt heute zu einem weiteren kostenlosen Webinar in der Reihe “Conversations on Science Magic and Society”. Diesmal lautet das Thema “Magic & Creativity”. Beginn ist um 2 Uhr EST, es wird aber auch im Nachgang eine Aufzeichnung der Diskussion bereitgestellt. Nähere Informationen gibt es hier.

<<>>>

Wie Richard Kaufman vermeldet, hat Tenyo erst gestern ein YouTube-Video mit den kommenden Tricks hochgeladen:

<<>>>

Boretti hat diese Woche die 900. Ausgabe seines “Wortes zum Sonntag” herausgegeben. Der Newsletter mit Nachrichten, Links, Angeboten und mitunter kontroversen Diskussionsthemen erscheint seit 2002 beinahe jede Woche. Herzlichen Glückwunsch zu dieser eindrucksvollen Leistung!

<<>>>

Bei Chris Wasshubers Lybrary.com sind die Genii-Jahrgänge von 1936 bis 2012 nun auch einzeln in digitaler Form käuflich zu erwerben. Der Preis beträgt jeweils 25 Dollar.

<<>>>

Christian Knudsen hat jetzt für seinen Online-Zauberhandel auch eine englischsprachige Webseite aufgesetzt. Sie ist erreichbar unter Heartblood Magic.

<<>>>

Nicht ganz neu, aber dieser “zauberhafte” Werbespot für Airwaves Kaugummi wurde mir zumindest vor ein paar Tagen zum ersten Mal bei YouTube eingespielt.

<<>>>

The Final Curtain in 2020

curtain.jpg

Sadly, 2020 saw the passing of quite a few magic heavyweights–performers, authors, collectors, creators, dealers and publishers, among them:

Bevely “Bev” Bergeron

Walter “Zaney” Blaney

Alfred Lee “Al” Cohen

Ger Copper

Louis Falanga

Matthew “Matt” Field

“Roy” Uwe Horn

Claude Isbecque, “Klingsor”

Ken Klosterman

Norman Dale “Norm” Nielsen

Gabi Pareras

Harvey Rosenthal

Marvyn Roy, “Mr. Electric”

Howard “Howie” Schwarzman

Roy Walton

Randall James Hamilton Zwinge, “The Amazing Randi”

Thank you for your wonderful magic, your creative talent, your generosity in driving, teaching, preserving and sharing the beautiful art of magic!

May you all rest in eternal peace.